Text: Tobias Schönenberger, Fotos: Manuel Manser, Video: V12 Media productions
Scania City Wide BEV: Das Fahrzeug mit der höchsten Jahres-Kilometerleistung bei RVBW
Am 16. Dezember 2019, also ziemlich genau vor einem Jahr, durfte die RVBW Regionale Verkehrsbetrieb Baden Wettingen Geschichte im Öffentlichen Verkehr schreiben. An diesem Tag war es soweit und die Scania Schweiz AG übergab der RVBW einen rein elektrischen Feldtestbus für einen zweijährigen Praxistest, um gemeinsam einen weiteren Schritt in einen nachhaltigen und emissionsfreien öffentlichen Verkehr zu machen. Gross war an diesen Tag die Freude über das nun beginnende Projekt, das von der Idee bis zur Umsetzung innerhalb von einem Jahr auf die Beine gestellt wurde. Für Stefan Kalt, Direktor der RVBW, war von Beginn des Projektes schon klar, dass es für die RVBW als Fahrzeugbetreiber, der Scania Schweiz AG als Fahrzeuglieferanten und der Firma Furrer+Frey als Lieferant der Ladeinfrastruktur eine Herausforderung werden wird, dieses Projekt zur Zufriedenheit aller involvierten Partner umsetzen zu können. Nun ein Jahr später kann gesagt werden, dass das Projekt ohne grössere Zwischenfälle das erste Jahr abgeschlossen hat und sogar die kühnsten Hoffnungen oder Träume bei weitem übertroffen hat. In den ersten Monaten wurde der Elektro-Linienbus auf der Linie 8 Wettingen Busgarage – Rathaus – Kloster Wettingen – Neuenhof Kirchfeld eingesetzt und wusste auf seiner rund 10 Kilometer langen Strecke von Anfang an zu überzeugen. Nach und nach öffnete die neue Antriebstechnologie auch die Herzen aller Busfahrer bei der RVBW. Nach anfänglicher Zurückhaltung und leichter Unsicherheit überwogen dann ziemlich schnell die Beschleunigung, der hohe Fahrkomfort, die extreme Laufruhe und nicht zuletzt auch die sehr positive Wahrnehmung der Fahrgäste auf das emissionsfreie Fahrzeug, was immer wieder zu interessanten Gesprächen mit den Fahrgästen führte. Schon bald war man sehr stolz darüber, ein Fahrer des rein elektrischen Scania Linienbusses bei der RVBW zu sein.
Gemäss Fahrplan wird der Bus bei der Endhaltestelle «Busdepot» über eine Schnellladestation zwischengeladen. Bei Verspätungen kann das Ladezeitfenster verkürzt oder ganz weggelassen werden. Das Fahrzeug kann die Linie vier bis fünf Mal ohne Zwischenladung zurücklegen. Schon bald konnte festgestellt werden, dass das Fahrzeug am Ende seines Tageseinsatzes um 20.00 Uhr mit einer fast vollen Batterie zurück ins Depot kam und somit keine Nachtladung mehr benötigte. Diese sehr positive Erfahrung wurde natürlich willkommen aufgenommen und führte zu Überlegungen, wie man den Bus zusätzlich einsetzen und so seine Vorzüge noch mehr nutzen könnte. Schnell kam man zum Schluss, dass die Linie 3 eine optimale Ergänzung des Fahrzeugeinsatzes wäre. Nach einigen Berechnungen und kurzer Absprache mit den Feldtest-Projektleitern in Schweden wurde die Ausweitung des Einsatzes bereits vor dem Sommer umgesetzt. Durch die Freigabe einer höheren Batterie-Kapazität konnte der Elektrobus nach Beendigung der Linie 8 neu noch die rund 65 km lange Linie 3 Wettingen Brunnenwiese – Wettingen Bahnhofplatz – Baden Bahnhof bedienen. Diese Linie 3 führt durch die beiden Städte Wettingen und Baden sowie durch dicht besiedelte Wohngebiete, wo die Vorzüge eines leisen und emissionsfreien Linienbusses noch mehr zum Tragen kommen und von den Anwohnern äusserst geschätzt werden.
"Für eine wirtschaftliche und ökologische E-Mobilität braucht es neue gesamtheitliche Überlegungen mit der Optimierung von Anpassungen der Tagesabläufe, Linienpläne und geplante Ladezeiten, damit die Fahrzeuge möglichst viele Stunden pro Tag im Einsatz stehen können. "
Stefan Kalt, Direktor der RVBW
Normalerweise fahren die Busse bei der RVBW rund 70'000 km im Jahr. Durch die Einsatzerweiterung auf die Nachtlinie ist der Elektrobus derzeit das Fahrzeug, das am meisten Kilometer zurücklegt. So werden mit dem vollelektrischen Linienbus rund 350 Tageskilometer während sechs Tagen in der Woche absolviert, was bei einer Hochrechnung über ein ganzes Jahr eine Kilometerleistung von über 100'000 km ergeben wird. Nicht umsonst schwärmt Stefan Kalt mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht über sein derzeit «bestes» Pferd im Fuhrpark. Auch in Sachen Verbrauch überzeugt der Scania City Wide. So liegt der Verbrauchswert während der gesamten Einsatzdauer deutlich unter den erwarteten 1.2 kW/km. Auf die Frage angesprochen, wie es nun betreffend E-Mobilität bei der RVBW weitergehen wird, äussert sich Stefan Kalt wie folgt; «Als erstes werden wir auch das zweite Testjahr mit dem Scania City Wide BEV intensiv weiterverfolgen, um möglichst viele Erfahrungen sammeln zu können. Es zeigt sich aber, für eine wirtschaftliche und ökologische E-Mobilität braucht es neue gesamtheitliche Überlegungen mit der Optimierung von Anpassungen der Tagesabläufe, Linienpläne und geplante Ladezeiten, damit die Fahrzeuge möglichst viele Stunden pro Tag im Einsatz stehen können. Parallel starten wir im Laufe des nächsten Jahres einen zweiten Test mit vier Elektrobussen und neuester Halbleiter-Technologie, der durch das BFE begleitet und unterstützt wird. Diese Technologie stammt von der ABB und alle Komponenten wie Elektromotor, Halbleiter-Technologie und Batterien werden allesamt im Kanton Aargau hergestellt. So will man dafür besorgt sein, dass der «Energie-»Kanton Aargau weiterhin an der Spitze steht, wenn es um Elektro-Erfahrung im Öffentlichen Verkehr geht».
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